23.07.2024 | NRD.de
Das wars. Nach mehr als 20 Jahren gibt es die Tagesstätte im Bodelschwinghweg nicht mehr. Dabei war es als Übergangsprojekt geplant – doch es kam anders.
Mitarbeitenden ist es längst aufgefallen: Fährt man den Bodelschwinghweg hoch in Richtung Wichernstraße, klafft linker Hand eine große Lücke. Nur ein Bauzaun und der geflieste Boden erinnern noch daran, dass hier mal eine Tagesstätte für Menschen mit Behinderung stand. 21 Jahre lang. Seit Januar 2023 stand sie leer, nun wurde sie innerhalb von vier Wochen abgebaut. Zwei Wochen brauchte die rumänische Firma für den Abbau der Technik und Elektronik im Innern, weitere zwei Wochen, um die in Summe 80 Container auseinanderzubauen und zu verladen. Sie kommen fortan in Rumänien zum Einsatz.
Eigentlich war die Tagesstätte in Container-Form als Zwischenlösung für eine „richtige“ Beschäftigungsstätte geplant. Zehn Jahre sollte sie stehen, länger nicht. Susanne Nold, seit über 30 Jahren für die NRD tätig, hat das Ganze von Anfang an miterlebt. „Der damalige sogenannte Förder- und Freizeitbereich wurde abgeändert in die heutige Tagesstätten-Form, dafür fehlte schlichtweg der Platz n der NRD“, erklärt sie.
Container des Mannheimer Bahnhofs
Also fuhren Ulrich Bock vom Immobilienmanagement (IMM) der NRD, sein Kollege Thomas Martus (mittlerweile im Ruhestand) und ein Mitarbeiter eines auf Container-Vermittlung spezialisierten Unternehmens in Mannheim nach Erfurt, um sich die zum Verkauf stehenden Container-Büros des MDR (Mitteldeutschen Rundfunks) anzuschauen. Man entschied sich dagegen. Auf der Rückfahrt informierte sich dann der mitgefahrene Außendienstmitarbeiter intensiv über das Konstrukt „Tagesstätte“. „Das Mannheimer Unternehmen hatte bis dahin keine beruflichen Berührungspunkte mit Menschen mit Behinderung, entsprechend beeindruckt war er“, erinnert sich Bock. Nur eine Woche später meldete sich der Außendienstmitarbeiter und erzählte, dass sein Unternehmen demnächst einen Teil des provisorischen, aus Container errichteten, Mannheimer Bahnhofs abbaue. Er schickte Bock eine improvisierte Vorschau-Grafik. „Dann ging alles ganz schnell“, erzählt der Leiter IMM. Innerhalb weniger Wochen genehmigten sämtliche Gremien der NRD das Vorhaben. Die Container kaufte die NRD Ende 2001, die Baugenehmigung erfolgte 2003, noch im selben Jahr wurde das Container-Gebäude fertig gestellt. Begünstigt wurde das enorme Tempo durch den Umstand, dass in dieser Zeit eine Fernwärmeleitung in Richtung der damals neu errichteten Mühltal-Werkstatt 2 gebaut wurde, die man an die Heizung der neuen Tagesstätte anschloss.
Aus zehn wurden 21 Jahre
Schon bald kristallisierte sich heraus, dass die fortschreitende Regionalisierung viele Umstrukturierungsprozesse mit sich brachte. Der geplante Abbau der Container-Stätte nach zehn Jahren rückte in weite Ferne. „Wichtig, nicht nur für die NRD, ist bei der Regionalisierung und Dezentralisierung schon immer eine gewisse Flexibilität gewesen“, formuliert es Ulrich Bock. Und das war das NRD-Team der Tagesstätte im Bodelschwinghweg. Susanne Nold: „Wir mussten viel improvisieren und haben immer versucht, das Beste für alle rauszuholen.“ Die Zeit dieser Tagesstätte sei gekennzeichnet gewesen durch den ständigen Wechsel in der Belegung, bedingt durch äußere Umstände wie die Regionalisierung oder Corona.
Zur Spitzenzeit waren in der Container-Tagesstätte drei Teams mit jeweils drei Gruppen á sechs bis sieben Beschäftigten, macht in Summe rund 60 Beschäftigte. Als dann die Mühltal-Werkstatt umgebaut und modernisiert wurde, entstand Platz für Beschäftigte aus dem Container-Dorf, der Start der Tagesstätte in Groß-Bieberau war dann der endgültige Anlass, die „letzten Beschäftigten“ der Container-Stätte umzuverteilen, einige gingen in den wohlverdienten Ruhestand.
Platz bleibt vorerst leer
„Sie war groß und hell, das stimmt. Und der Garten war super“, blickt Nold auf die Container-Zeit zurück. „Die Beschäftigten hier hatten einen sehr großen Bewegungsbedarf, da war der Garten ideal. „Außerdem hatten wir einige laute Menschen bei uns, was aufgrund der Randlage der Tagesstätte niemanden gestört hat.“ Die Hitze im Sommer allerdings sei herausfordernd gewesen, sodass der überdachte Innenhof nur im Herbst und Winter nutzbar gewesen sei.
Nun ist das Kapitel also zu Ende. Der Platz wird vorerst leer bleiben, der Bauzaun deutet nicht auf bevorstehende Bauarbeiten hin, betont Bock. Er diene der Sicherheit. „Zudem sind wir derzeit in guten Gesprächen zur Zukunft der Wichernschule. Wenn alles so kommt, wie wir uns das vorstellen, wird hier das neue Gebäude entstehen.“ Und wenn nicht – die NRD findet einen Weg. Flexibel sind ihre Mitarbeitenden ja.
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